Maul-Check: Für die von der GWP prämierte Dissertation wurden Turnierpferde während der Routine-Zahnkontrollen untersucht. Foto: Felsinger GWP-Förderpreis / GWP-Förderpreis 2022 / Neues aus der Pferdeforschung

Jedes Jahr verleiht die Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft um das Pferd (GWP)  Förderpreise für die besten Abschlussarbeiten, die an deutschen Universitäten oder von deutschen Studierenden an ausländischen Hochschulen geschrieben wurden. Auch in diesem Jahr wurde die Verleihung der Preise, die von FN und FNverlag, den Persönlichen Mitgliedern der FN sowie den Firmen Equovis und HIT-Aktivstall unterstützt wurde, online im Rahmen einer Zoom-Videokonferenz durchgeführt. Dr. Enrica Zumnorde-Mertens, Wissenschaftskoordinatorin der FN, führte wiederum locker und sympathisch durch das Programm, Hendrik Fiegel vertrat die dreiköpfige Jury, der außerdem  Dr. Julia Mack und Prof. Dr. Cornelius Jongeling angehören, und erläuterte die Sicht der Juroren auf die einzelnen Arbeiten. Die PreisträgerInnen stellten in einer jeweils 10-minütigen Präsentation ihre Ergebnisse verständlich und nachvollziehbar vor, so dass die zwei Stunden der Preisverleihung sowohl informativ als auch unterhaltsam waren – Infotainment vom feinsten.

Zu den Kurzfassungen aller eingereichten Arbeiten geht es hier; zu den Porträts der Preisträger gelangen Sie per Klick auf die Namen!

Intensiv diskutiert wurde die Siegerarbeit in der Kategorie „Dissertationen“ „Der Einfluss sportlicher Nutzung auf die Kopf- und Maulgesundheit bei Reitpferden: Bestandsaufnahme und Auswertung pathologischer Befunde des Kopfes und der Gebisslage sowie Entwicklung eines Prototyps eines Bewerbungsbogens für den Turniertierarzt. Geschrieben wurde sie von Dr. Martin Swoboda an der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Für die Arbeit wurden 748 Pferde, die regelmäßig an Turnieren teilnahmen, im Rahmen der tierärztlichen Zahnkontrolle außerhalb von Turnieren untersucht,  bei 13,9 % wäre auf Grund der festgestellten Befunde und deren Bewertung eine Starterlaubnis auf Turnieren zu verweigern. Der Autor, der vor dem Studium der Tiermedizin als Berufsreiter gearbeitet hat und nun Assistenztierarzt in der Pferdeklinik Nindorf (Lüneburger Heide) ist, entwickelte mit dieser Arbeit ein komplettes System zur umfassenden Kontrolle des Pferdemauls im Turniersport. Dazu gehören ein Befundbogen sowie Vorschläge für eine Kategorisierung der Pferde aufgrund der eventuell erhobenen Befunde und daraus folgend eine standardisierte Empfehlung hinsichtlich der zu erteilenden oder zu verweigernden Starterlaubnis.

Ebenfalls prämiert wurde die Dissertation „Untersuchungen von Glaskörperproben aus an equiner rezidivierender Uveitis (ERU) erkrankten Augen im Hinblick auf Leptospiren und deren Biofilmbildung,“ die Dr. Kerstin Ackermann an der Tierärztlichen Fakultät der Ludwig- Maximilians-Universität München geschrieben hat. Bekannt ist die ERU bei Pferdeleuten als sogenannte Periodische Augenentzündung. In dieser Arbeit gelang es Frau Dr. Ackermann die Biofilmbildung bei der bakteriellen Augenentzündung im Glaskörper von erkrankten Pferden nachzuweisen. Die Autorin bezeichnet dies als „neuen und ganz entscheidenden Beitrag zum Ursprung und der Entstehung der ERU.“ Die aus Rheinland-Pfalz stammende Autorin ist an der LMU geblieben und arbeitet dort als Assistenzärztin.

Ein aktuelles züchterisches Thema bearbeitete Marja Liisa Solterbeck aus Kiel mit ihrer siegreichen Masterarbeit „ Untersuchungen zur wettbewerbsorientierten Integration linearer Exterieur- und Leistungsmerkmale in das Zuchtprogramm des Holsteiner Verbandes“ an der Georg-August-Universität Göttingen. Damit leistete sie einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung einer Zuchtwertschätzung für Linearmerkmale im Zuchtprogramm des Holsteiner Verbandes. Anhand von 13.561 Linearprofilen von Fohlen und erwachsenen Pferden identifizierte sie sowohl Exterieur- als auch Bewegungs- und Springmerkmale, die für eine Zuchtwertschätzung geeignet sind. Ihre Arbeit war für die Autorin ein ideales berufliches Sprungbrett. Die ehemalige engagierte Jungzüchterin wurde in der Abteilung Zucht des Holsteiner Verbandes fest angestellt.

Dass die aus Lingen stammende Frederike Wolbers ihren beruflichen Schwerpunkt im Bereich Marketing bei der Firma Bitop Equi gefunden hat, konnte man sich sehr gut vorstellen, wenn man die hervorragende Präsentation ihrer Masterarbeit sah. Diese hatte das Thema „Ist das Auftreten von Kotwasser bei Pferden abhängig von der Raufutterqualität?“ und wurde an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn im Studiengang Tierwissenschaften geschrieben. Als Ergebnis konnte Frederike Wolbers  das Verfüttern von Heulage als einen Risikofaktor für das Vorkommen von Kotwasser identifizieren. Allerdings weist sie daraufhin, dass das Kotwasser ein multifaktorielles Problem ist, „welches von allen Aspekten der Pferdehaltung beeinflusst wird.“

Ebenfalls ein Haltungsthema bearbeitete Leonie Krüger mit ihrer an dritter Stelle platzierten Masterarbeit „Anwendung und Überprüfung der Software BestTUPferd zur Bewertung des Haltungsverfahrens Paddock Paradise“, die sie an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde im Studiengang Öko-Agrarmanagement geschrieben hat.  BestTuPferd ist eine App, die an der TU München entwickelt wurde, um Tiergerechtheit und Umweltwirkung von Pferdehaltungen zu bewerten. Dass diese App gut funktioniert, konnte Krüger in ihrer Arbeit nachweisen. Das Haltungssystem Paddock Paradise, das so angelegt ist, dass Pferde zur Bewegung animiert werden, wurde insgesamt als gut bewertet, allerdings wurden auch einige Schwachstellen identifiziert.

Die meisten Arbeiten zum GWP Förderpreis werden traditionsgemäß für die Kategorie Bachelorarbeiten eingereicht. Dies war auch in diesem Jahr mit 11 eingereichten Arbeiten, die an ihrer Hochschule alle mit 1,7 oder besser bewertet wurden, wieder so.

Mit dem hochaktuellen, aber von den Pferdebetrieben in der Breite noch wenig beachteten Thema „Krisenmanagement für Pferdebetriebe– eine Handlungsempfehlung“ wurde Laura Tröger für die beste Arbeit ausgezeichnet. Geschrieben wurde die Arbeit an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen, von der auch in diesem Jahr wieder die meisten Bachelorarbeiten stammten. Die in Gleichen im Landkreis Göttingen lebende Autorin liefert mit ihrer Arbeit einen wertvollen Leitfaden für Betriebe, um negative und existenzgefährdende Auswirkungen von Krisen zu verhindern.

Auch die zweitplatzierte Arbeit kommt von der Hochschule Nürtingen-Geislingen: „Darstellung der Forschungsergebnisse zu Acquired Equine Polyneuropathie (AEP) von 1994 bis 2017 mit der Untersuchung von toxinbildenden Pilzen als mögliche Ätiologie“ ist der Titel der Arbeit von Annika Hasting aus Gnadau in Sachsen-Anhalt. AEP ist eine neurologische Erkrankung der Hinterhand bei Pferden, die in der Öffentlichkeit noch weitgehend unbekannt ist und deren Ätiologie bisher nicht geklärt ist, so die Autorin. In ihrer Arbeit kommt sie zu dem Fazit, dass diese Erkrankung „wahrscheinlich auf eine Interaktion verschiedener Mykotoxine, anderer Umweltfaktoren oder auch auf den Klimawandel zurückzuführen ist“.

„Retrospektive Analyse eines Ausbruchgeschehens von Equinem Herpesvirus 1 in einem Pensionspferdebetrieb“ ist der Titel der drittplatzierten Bachelorarbeit, die Anna Graser aus Euskirchen an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn geschrieben hat. Sie verglich die in einem Betrieb durchgeführten Maßnahmen zur Bekämpfung des vor einem Jahr so massiv verbreiteten Herpes 1 Virus mit den von der Literatur beschriebenen Best Practice Maßnahmen und arbeitete Optimierungspunkte heraus. Auch dies also ist eine Arbeit, die wertvolle Empfehlungen für die Praxis gibt.


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