von Christine Felsinger/GWP
Thorsten Hinrichs hat mit seiner Firma HIT Aktivstall einen Meilenstein in der Offenstallhaltung von Pferden gesetzt. Und er bietet Pferdeforschern von Bachelorand bis Professor mit einem Netzwerk aus derzeit mehr als 800 Betrieben die perfekte Spielwiese für wissenschaftliche Studien, Praxisversuche und Forschungsarbeiten – vom GPS-Tracking der Laufwege von Offenstallpferden bis zur Computerfütterung von Heu und Kraftfutter.
Die Erfolgsstory begann 1998 mit ersten Entwürfen. Der studierte Agraringenieur Hinrichs, Jahrgang 1965, machte sie zunächst aus reinem Selbstzweck direkt vor der Haustür, im eigenen Pferdehof in Weddingstedt/Schleswig-Holstein. „Wir wollten unseren Offenstall zum Bewegungsstall umbauen.“ Das Thema wurde zum Herzensprojekt und dann zum Geschäft.
Es gab ja damals kein Konzept, das du als Stallbetreiber kaufen konntest. Wir haben die Laufstallhaltung in Deutschland erst kommerzialisiert.
2000 gründete Hinrichs seine Firma HIT, „Hinrichs Innovation & Technik GmbH“. 2001 folgte die erste Praxis-Demo mit einem Musterstall auf der Pferdemesse Equitana, von da an ging es bergauf mit der Bekanntheit. Und hinter den Kulissen geht die Tüftelei immer weiter; bis heute. Zum Beispiel bei Futterständern für die moderne Computerfütterung; Dreh- und Angelpunkt seines HIT-Aktivstall-Konzepts: „Wir hatten anfangs bei einem bis dato führenden Hersteller einen Prototypen gekauft. Dieser Futterständer war aber zu schmal für unsere eigenen Holsteiner. Also haben wir ihn umgebaut.“
So entstand praktisch alles aus der praktischen Erfahrung mit seinen drei eigenen Pferden und zehn Pensionspferden. Und Hinrichs war damit auch Wegbereiter für manches wissenschaftliche Projekt. „Wir haben unsere Haltungssysteme aufgebaut, und dann kamen die Studenten. Da haben wir manches gemacht, das die Wissenschaft erst mal skeptisch beäugt hat“, sagt Hinrichs.
Jede Innovation ist schließlich auch erst einmal eine Provokation.
Heute ist daraus ein enges Zusammenspiel zwischen Praxis und Pferdeforschung geworden, und das ist gut so. „Pferdehaltung ist die Basis für alles“, sagt Hinrich. „Und der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn zum Thema Pferdehaltung macht seit einigen Jahren große Fortschritte. Wir lernen durch das genaue Hingucken der Forscher auf den Betrieben – und umgekehrt bekommen die Forscher mit, was in der Praxis los ist. Der Praktiker ist ja eingebunden in seine persönlichen Erfahrungen. Der Wissenschaftler macht seine Analysen und endet meist beim Schlusssatz: ‚Weitere Untersuchungen sind nötig.'“
Pferde in Gruppenhaltung verletzen sich seltener
Beide zusammengebracht, ergibt sich eine perfekte Paarung, von der beide Partner profitieren – und natürlich zuvorderst die Pferde. Hinrichs erinnert sich an eines seiner Highlights, das er in Sachen Pferdeforschung erlebte: „Das muss 2010 gewesen sein, da hielt Professor Mathias Gauly, damals Professor in Göttingen, einen Vortrag, in dem er die Faktenlage zu den Erkenntnissen aus der Pferdehaltung zusammengestellt hatte: Laufaktivitäten, Zeitfaktoren, Verletzungshäufigkeit, Bewertungsmöglichkeiten von Haltungssystemen, arbeitswirtschaftliche Aspekte. Die Pferdehaltung mit getrennten Funktionsbereichen schnitt am besten ab.“
So verletzen sich Pferde in Gruppenhaltung seltener als etwa in Paddockboxen. Und mit Blick auf den Faktor Arbeitskosten, laut Hinrichs einer der größten Hebel bei der betriebswirtschaftlichen Stallkalkulation, lässt sich Pferdehaltung ab einer bestimmten Betriebsgröße nur durch Gruppenhaltung und Automatisierung noch wirtschaftlich betreiben.
Forschung erwünscht: Wie gesund ist welches Haltungssystem langfristig?
Was hat sich schon getan, und wo muss sich noch etwas bewegen in Forschung und Praxis rund um die Pferdehaltung? „Bei Fütterung und Bewegung ist vieles passiert: Wir wissen heute gut Bescheid über Bewegungsverhalten, Stressparameter, Laufaktivität und automatische Fütterung. Da wurde viel geforscht“, sagt Hinrichs.
Jetzt brauchen wir noch Erkenntnisse über die Langzeitwirkungen bestimmter Haltungssysteme auf die Pferdegesundheit.
Bachelor-Arbeiten oder auch Dissertationen sind meist als Kurzzeitprojekte angelegt. Das greift bei viele Aspekten der Pferdehaltung nicht weit genug, findet Thorsten Hinrichs: „Wichtig sind auch länger angelegte Studien, um etwa die positiven Effekte der Gruppenhaltung wissenschaftlich zu untermauern.“
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