Die Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft um das Pferd (kurz GWP) hat es sich auf die Fahne geschrieben, Forschung zu fördern und ein Bindeglied zwischen Wissenschaft und Praxis zu sein. Und so war es nur konsequent, dass die Verleihung der GWP-Förderpreise in diesem Jahr an einer Hochschule stattfand, also an einem der Orte, an denen die wichtige akademische Arbeit zur Ausbildung von künftigen Führungskräften für Berufe um das Pferd geleistet wird. Die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen war ein hervorragender Gastgeber.
Dank der engagierten Unterstützung durch Prof. Dr. Dirk Winter und seinem Hochschul-Team ging die Preisverleihung, in deren Rahmen die von einer Jury der GWP prämierten Arbeiten in drei Kategorien – Bachelor, Master, Dissertation – präsentiert wurden, bei bester Stimmung über die Bühne. Ausgezeichnet wurden drei Siegerarbeiten sowie fünf weitere prämierte Arbeiten.
Die Siegerarbeit bei den Dissertationen stellte Dr. Christina Fercher vor. Die Arbeit mit dem Titel „Biomechanische Verfahren zur objektivierten Analyse der Sprungbewegung von Springpferden im Hochleistungssport“ hatte sie an der Justus-Liebig-Universität Gießen geschrieben. Sie hat damit ein Sensoren basiertes Verfahren entwickelt, mit dem die Springleistung von Sportpferden objektiv dargestellt werden kann, um Training und die Sportleistung zu optimieren. Es ist durchaus vorstellbar, ein solches Verfahren auch beispielsweise bei Leistungsprüfungen für Springhengste einzusetzen. Dr. Christina Fercher arbeitet schon seit mehr als zehn Jahren beim Olympiastützpunkt NRW/Westfalen in Warendorf als Trainingswissenschaftlerin. Sie sitzt damit an einer Schaltstelle, um die Ergebnisse ihrer Arbeit in die Praxis umsetzen zu können.
Die beste Masterarbeit schrieb Harald Unseld an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen über ein ungewöhnliches Haltungsthema: „Verwendung von Grünschnittkompost als Einstreualternative zu Stroh in der Pferdehaltung.“ Er hat reichlich Praxiserfahrung, denn in Langenau, Baden-Württemberg, betreibt er einen großen Bewegungsstall. Mit seiner Masterarbeit kommt er zu dem Ergebnis, dass Grünschnittkompost sowie Grünschnittkompost mit Strohauflage unter Beachtung ökonomischer Aspekte eine Alternative zu herkömmlichen Einstreuvarianten sein kann, solange Tierwohlparameter wie Feinstaubwerte und Liegeverhalten beachtet werden.
Die zweite prämierte Masterarbeit mit dem Titel „Zusammenhang zwischen Fellfarbe und Gendefekten bei Pferden“ wurde von Julia Kautzmann ebenfalls in Nürtingen geschrieben. In einer umfangreichen Literaturrecherche stellte sie eindringlich dar, dass es bei verschiedenen Rassen einen Zusammenhang zwischen der oft präferierten Fellfarbe und Gendefekten gibt. Sie warnte vor einer reinen Farbzucht, ohne die mit einigen Gendefekten einhergehenden Erkrankungen zu beachten, die bei entsprechender Kombination der Elterntiere häufig tödlich enden. Für einige dieser Defekte gibt es Gentests, die ihrer Meinung nach auch genutzt werden sollten, wenn ihr Einsatz vom jeweiligen Zuchtverband nicht vorgeschrieben ist.
Die längste Anreise zur Preisverleihung hatte Julia Schatzmann aus dem Norden Niedersachsens. Die weite Reise allerdings lohnte sich, denn ihre Arbeit mit dem Titel „Wertschöpfung trotz Nachhaltigkeit im Reitsport?! Eine empirische Analyse am Beispiel des Traditionsturniers Balve Optimum“ wurde von der Jury zur besten Bachelorarbeit gekürt. Nachhaltigkeit spielt bisher im Reitsport eine eher geringe Rolle. Diese Bachelorarbeit aber hat das Potenzial, dass dieses Thema an Bedeutung gewinnt. Die Autorin, die als Bereiterin bereits über reichlich Turniererfahrung verfügt, belegte anschaulich, wie Nachhaltigkeit sogar als Wertschöpfungstreiber für Reitsportveranstaltungen wirken kann. Ihre Arbeit hat sie an der International School of Management in Hamburg geschrieben.
Vier weitere hochwertige Bachelorarbeiten wurden prämiert, die allesamt an der Hochschule Nürtingen erstellt worden waren:
Leoni Gutekunsts Arbeit hat das Thema „Umfang und Verteilung der für die Zuchtbuchführung verfügbaren Untersuchungsergebnisse hinsichtlich Erbkrankheiten bei deutschen Pferdezuchtverbänden“. Sie beschrieb darin die Wirkung vorgeschriebener Gentests für sechs Erkrankungen und das Auftreten von Dispositionen dafür beim Araber sowie bei einigen Pony-und Kaltblutrassen.
Ines Maurmann stellte ihre Arbeit zum Thema „Zusammenhänge zwischen den Ergebnissen der Stutenleistungsprüfungen und der höchsten erreichten Klasse im Turniersport von Trakehner Stuten“ vor. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die Endnote der Stutenleistungsprüfung durchaus positiv korreliert ist mit der höchsten erreichten Klasse in den drei Disziplinen Dressur, Springen und Gelände.
Hannah Preuß schrieb ihre Bachelorarbeit über die „Kauaktivität und Futteraufnahmezeit von Pferden bei verschiedenen Futtermitteln“. Mit Hilfe eines akribisch durchgeführten Fütterungsversuches konnte die Autorin darstellen, wie unterschiedlich die Futteraufnahmezeiten zwischen Raufutter und Krippenfutter sind. Sie betonte außerdem die große physiologische Bedeutung von Raufutter, denn im Vergleich zum Krippenfutter sorgt es für mehr Speichelbildung und eine bessere Pufferung des Futterbreies.
Elisabeth Skoczylis‘ Arbeit hat „Die Haltung deutscher Rennpferde und deren Einfluss auf das Verhalten in Bezug auf das Wohlbefinden“ zum Thema. Die Autorin, selbst geprüfte Amateurrennreiterin, führte eine Umfrage zur Haltung von Pferden im Training bei insgesamt 41 Trainern durch. Um den Einfluss der Haltung auf das Verhalten beurteilen zu können, wurden außerdem 27 Rennpferde bei verschiedenen Trainern in der Box und während des Trainings beobachtet. Sie sieht die Notwendigkeit von Verbesserungen bei der Haltung von Rennpferden.
Die Sichtung der eingegangenen Bewerbungen und die Auswahl der prämierten Arbeiten war durch die Jury erfolgt, die aus Prof. Dr. Ellen Kienzle, Prof. Dr. Cornelius Jongeling und Hendrik Fiegel besteht. Die Auswahl der Siegerarbeiten für die Kategorien Master und Bachelor fand erst am Tag der Preisverleihung statt, da die Präsentation vor Ort erstmals ebenfalls in diese Entscheidung einfloss.
Bei der GWP-Preisverleihung geht es nicht einfach nur um die Zeremonie einer Ehrung, sondern sie ist gleichzeitig auch eine Vortragsveranstaltung, bei der in verständlicher und kompetenter Form aktuelle Ergebnisse dargestellt werden. Auch in diesem Jahr war die Themenpalette groß mit Arbeiten zu Zucht und Genetik, Fütterung und Haltung, Pferdesport und gesellschaftlichen Fragen. Dabei ging es nicht darum, Altbekanntes neu zu verpacken. Von herausragenden Abschlussarbeiten ist zu erwarten, dass offene Fragen behandelt werden, dass es Innovationen gibt, Anstöße zu Verbesserungen und damit auch Veränderungen. Diesem Anspruch wurde die Vortragsveranstaltung vollauf gerecht. Und natürlich kamen der Austausch und das Netzwerken beim abschließenden Stehempfang mit den Preisträgern und Gästen nicht zu kurz!
Hier sind die Kurzfassungen aller eingereichten Arbeiten
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