Die Bewertung von Haltungsformen unter Umweltaspekten ist ein wichtiger Bereich der Pferdeforschung. Foto: Felsinger GWP-Förderpreis / GWP-Förderpreis 2022

Von umweltfreundlicher Einstreu bis Kotwasser-Ursachen: Die Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft um das Pferd (GWP) zeichnet jedes Jahr die besten Bachelor- und Masterarbeiten sowie Dissertationen mit den GWP-Förderpreisen aus und würdigt die Arbeit junger Nachwuchsforscher. Hier sind in aller Kürze die Masterarbeiten, die sich um den GWP-Förderpreis 2022 bewerben.

„Umweltmanagementsysteme in pferdehaltenden Betrieben“

Lena Leonie Floerke (Masterarbeit, Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen, Studiengang Nachhaltige Agrar- und Ernährungswirtschaft)

Die pferdehaltende Branche umfasst 182.000 Betriebe und ca. 915.000 Pferde. Pferde sind unter den Haus- und Heimtieren die Tiere mit dem größten ökologischen Fußabdruck, dies kann durch die Futter- und Einstreumenge sowie durch die Unterbringung begründet werden.

Das Umweltmanagement bietet die Möglichkeit, durch Umweltmanagementsysteme (UMS) als Teilbereich des Unternehmensmanagements Anforderungen der Unternehmensleitung im Bereich Umweltleistungen in die Organisation ganzheitlich zu integrieren. Durch die Übernahme der Steuerung, Planung, Überwachung und Verbesserung können UMS, wie beispielsweise ISO, EMAS oder EMASeasy die Möglichkeit bieten, frühzeitig auf Umwelt bezogene Risiken und Chancen reagieren zu können.

Um den Status Quo bezogen auf die Nachhaltigkeit und den Umweltschutz bei pferdehaltenden Betrieben, mögliche Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltleistungen sowie das Potenzial zur Integrierung von Umweltmanagementsystemen wie EMASeasy in die breite Masse von pferdehaltenden Betrieben zu ermitteln, wurde eine Grundlagenforschung durchgeführt, bestehend aus einem Experteninterview und einer online Betriebsleiterumfrage.

Die Forschungsergebnisse zeigten, dass im pferdehaltenden Sektor von Seiten der Betriebsleiter ein starkes Bewusstsein für Umweltschutz herrscht, allerdings dies nicht zu 100% in die Bewirtschaftung ihrer Betriebe einfließt, was an Interessenkonflikten zwischen Pferdehaltern und Umwelt liegen kann. Die Betriebsleiter fühlten sich überdies hinaus nicht gut genug über umweltverbessernde Maßnahmen informiert.

Als mögliche Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltleistungen können Managementmaßnahmen, wie Wasser-, Weide-, Nährstoffmanagement und bauliche Maßnahmen wie energetische Sanierungen oder Auffangflächen bzw. Zisternen im Wasserbereich genannt werden, wobei bereits integrierte als auch additive Umwelttechniken auf Betrieben angewandt werden. Als Anreiz für umweltverbessernde Maßnahmen können Fördermittel, politische Maßnahmen sowie die Bereitstellung von fundiertem Wissen dienen.

Für eine breitflächige Umsetzung von Umweltmanagementsystemen wie EMASeasy  scheint die pferdehaltende Brache bislang noch nicht bereit, da viele Betriebe UMS noch nicht kennen bzw. diese zum größten Teil in dieser Branche keinen Einsatz finden. Dennoch ist eine Umsetzung möglich, wie ein Teil der Betriebe zeigt. Der Wunsch nach Informationen bzw. der Mangel an diesen von Seiten der Betriebsleiter durchzieht die gesamte Datenerhebung. Diesem Informationsmangel könnte durch eine Informationskampagne Abhilfe geschaffen und dadurch langfristig Umweltleistungen verbessert werden. Zudem könnte dadurch die Möglichkeit geschaffen werden, UMS in Betriebe zu integrieren.

„Anwendung und Überprüfung der Software BestTUPferd zur Bewertung des Haltungsverfahrens Paddock Paradise“

Leonie Krüger (Masterarbeit, Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, Studiengang Öko-Agrarmanagement)

Die Bewertung der Tiergerechtheit in der Praxis gewinnt zunehmend an Bedeutung. Von der TU München wurde ein Bewertungssystem entwickelt, welches zusammen mit Partnern für die Anwendung in der Praxis zu einer App (BestTUPferd) weiterentwickelt wurde. Das System enthält tier-, management- und ressourcenbezogene Indikatoren. Ziel der Arbeit war, das Haltungssystem Paddock Paradise mit der App zu bewerten und deren Anwendbarkeit zu überprüfen. Das Paddock Paradise ist ein Haltungssystem, bei dem auf einem Rundweg um eine Weide verschiedene Haltungseinrichtungen verteilt angeboten werden, um die Pferde zu Bewegung zu animieren.

Es wurden 13 pferdehaltende Betriebe (insgesamt 15 Gruppen) mit Paddock Paradise aufgesucht. Von 214 gehaltenen Pferden wurden 195 Pferde einzeln bonitiert. Mit der App BestTUPferd werden in vier Erhebungsbereichen („Säulen“: Verhalten im Kontext von positiven Empfindungen, Guter Gesundheitszustand, Pferdegerechte Haltungsbedingungen, Ökologisch nachhaltige Pferdehaltung) mit 16 Kriterien insgesamt ca. 300 Indikatoren bewertet. Für die Säulen, Kriterien und Unterkriterien werden im Ergebnis Gesamtscores ausgewiesen. Für jeden Indikator (Score zwischen 0 und 100) sind Zielbereiche (z.B. > 60) und Grenzbereiche (z.B. < 30) festgelegt. Zusätzlich legt das System Knock-out-Kriterien fest, die akuten Handlungsbedarf des Betriebes aufzeigen und die bei einer möglichen

Zertifizierung bestanden werden müssen. Das Tierverhalten wurde jeweils 20 Minuten in einer entspannten Situation (z.B. im Ruhebereich) und einer angespannten Situation (z.B. vor der Fütterung) beobachtet (Zusammensein, aggressives Verhalten mit geringem oder mit hohem Verletzungsrisiko sowie Verhaltensauffälligkeiten).

Der Gesamtscore betrug im Mittel 79,9. In 13 der 15 Gruppen wurden jedoch acht von 43 KO-Kriterien teils nicht eingehalten (v.a. Körperkondition, Liegefläche/ Pferd). Das Haltungssystem Paddock Paradise wurde durch BestTUPferd als gut bewertet. Besonders hohe Bewertungen (> 90) gab es in den Kriterien Abwesenheit von Verhaltensauffälligkeiten, Sozialkontakt, Bewegungsangebot und Komfort. Die häufigen Mängel der Haltungsumstände in den Anforderungen der KO-Kriterien zeigten jedoch, dass auch in diesem Haltungssystem Handlungsbedarf zur Verbesserung der Tiergerechtheit besteht.

Die Nutzung der App auf dem Tablet erwies sich als anwenderfreundlich. Die Beurteilung dauerte im Mittel 3,5 h.

„Untersuchungen zur wettbewerbsorientierten Integration linearer Exterieur- und Leistungsmerkmale in das Zuchtprogramm des Holsteiner Verbandes“

Marja-Liisa Solterbeck (Masterarbeit Georg-August-Universität Göttingen, Studiengang Agrarwissenschaften, Abteilung Functional Breeding)

Als Warmblutpferdezuchtverband steht man mittlerweile nicht mehr ausschließlich in einem nationalen, sondern auch internationalen Wettbewerb um Mitglieder und Zuchttiere. Der Holsteiner Verband war der erste deutsche Zuchtverband, der die Lineare Beschreibung, ein Exterieurbeurteilungsverfahren, einführte. Ziel der eingereichten Arbeit war es, anhand vorhandener Literatur die mögliche Integration einer ZWS für Linearmerkmale in das Zuchtprogramm des Holsteiner Verbandes zu bewerten sowie Merkmale zu identifizieren, die für eine solche ZWS geeignet sind.

Dafür standen insgesamt 13.561 Linearprofile von Fohlen und Adultpferden zur Verfügung, mit denen erstmalig genetisch-statistische Parameteranalysen linearer Exterieur- und Leistungsmerkmale für das Holsteiner Warmblut durchgeführt wurden. Es wurden sowohl lineare Ein- als auch Mehrmerkmals-Tiermodelle angewendet. Unter Einbeziehung von mindestens vier Ahnengenerationen fanden die fixen Effekte Alter, Termin (Ort×Datum), Geschlecht (ausschließlich bei den Fohlen) und Vorstellungsart (ausschließlich bei den Adultpferden) Berücksichtigung. Die Merkmale wurden jeweils univariat (N = 91) sowie inhaltlich übereinstimmende Merkmale auch multivariat (N = 19) geschätzt.

Aufgrund des bedeutend größeren Informationsgewinns durch eine multivariate Schätzung gegenüber einer univariaten, sind die Ergebnisse der multivariaten Schätzläufe von besonderer Wichtigkeit im Hinblick auf eine ZWS. Sie führten in den meisten Fällen zu leicht höheren Heritabilitätsschätzwerten im Vergleich zu der univariaten Analyse. Es ergaben sich Schätzwerte zwischen h2 < 0,001 (Hinterfuß Einschienung) und 0,369 (Kopfform), sowie ausschließlich positive additiv-genetische Korrelationen.

Bei der Auswahl von Merkmalen für eine ZWS wurde sich zunächst an der Methodik des Oldenburger Verbandes orientiert, der seit 2018 eine ZWS für Linearmerkmale publiziert. Demnach können Merkmale aufgenommen werden, die eine geschätzte Heritabilität h2 ≥ 0,1 aufweisen. Auf dieser Grundlage können sieben bivariat geschätzte Exterieurmerkmale für eine ZWS empfohlen werden. Darüber hinaus können zehn univariat geschätzte Bewegungs- und sieben Springmerkmale der Adultpferde berücksichtigt werden. Die Empfehlung zur Aufnahme weiterer Merkmale wurde argumentativ gestützt, die genaue Anzahl hängt von den Anforderungen ab, die der Holsteiner Verband an die Datengrundlage und Merkmale stellt.

„Ist das Auftreten von Kotwasser bei Pferden abhängig von der Raufutterqualität?“

Frederike Wolbers (Masterarbeit, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Studiengang Tierwissenschaften)

Pferde mit Kotwasser scheiden vor, während oder nach dem Absetzen des Kots ungebundenes Wasser aus. Neben kosmetischen Problemen kann Kotwasser auch zu Unwohlsein und Hautirritationen führen. Bis heute haben sich nur wenige Studien mit möglichen Risikofaktoren für Kotwasser auseinandergesetzt. Ziel dieser Studie war es daher, mögliche Risikofaktoren bei Raufutter zu identifizieren. Dafür wurden bei einer Online-Umfrage Besitzer von Pferden mit und ohne Kotwasser zu verschiedenen Aspekten der Haltung und Fütterung ihrer Tiere befragt. Anschließend schickten die Besitzer Kot- und Raufutterproben ihrer Tiere ein. Die Kotproben wurden auf pH-Wert und Sandgehalt untersucht, die Raufutterproben einer sensorischen Raufutterprüfung unterzogen. Anschließend wurde die Verteilung der Partikelgrößen im Raufutter durch Siebung bestimmt.

Es zeigte sich, dass es eine Korrelation zwischen dem Auftreten von Kotwasser und der Verwendung von Heulage sowohl als Hauptfutter, als auch als zusätzliches Raufutter gibt. Zudem konnte ein Trend zwischen einer verschlechterten Kotwassersymptomatik im Winter beim Wechsel des Raufutters auf Heulage erkannt werden. Das Verfüttern von weniger Raufutter im Winter scheint sich positiv auf das Auftreten von Kotwasser auszuwirken. Weiterhin scheint Kotwasser mit dem Anteil der Partikel mit einer Größe von 19-8 mm im Raufutter und dem alleinigen Verfüttern von Gras im Sommer korreliert zu sein. Die Saisonalität des Kotwasser kann insbesondere mit der Haltungsart der Pferde verknüpft werden: Pferde mit verstärkter Symptomatik im Sommer kamen nur in Offenstallhaltung vor, während Pferde mit verstärkter Symptomatik im Winter häufiger in Boxenhaltung gehalten wurden.

Weitere Faktoren, die im Zusammenhang mit der Saisonalität des Kotwassers stehen, sind die Verfügbarkeit von fressbarer Einstreu, die Bereitstellung zusätzlicher Raufutterportionen im Winter und der Gehalt an Sand im Kot. Die oftmals angeführten Risikofaktoren Entwurmungsstatus, Raufutterhygiene sowie Schnitt des Heus konnten nicht als Auslöser bestätigt werden.

Raufutter scheint eine erhebliche Rolle bei der Ausbildung von Kotwasser zu spielen, wobei insbesondere das Verfüttern von Heulage einen Risikofaktor darstellt. Allerdings kann kein alleiniger Faktor für das Auftreten von Kotwasser identifiziert werden. Vielmehr scheint es sich bei Kotwasser um ein Multifaktorenproblem zu handeln, welches von allen Aspekten der Pferdehaltung beeinflusst wird.


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