Um das Pferdeauge dreht sich eine der Forschungsarbeiten, die für den GWP-Förderpreis eingereicht wurden. Foto: Felsinger GWP-Förderpreis / GWP-Förderpreis 2022

Pferdeforschung fördern von Augenerkrankungen bis Maulgesundheit: Die Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft um das Pferd (GWP) zeichnet jedes Jahr die besten Bachelor- und Masterarbeiten sowie Dissertationen mit den GWP-Förderpreisen aus und würdigt die Arbeit der jungen Nachwuchsforscher zu Wissenschaftsthemen rund um das Pferd. Diese Dissertationen bewerben sich um den GWP-Förderpreis 2022!

„Untersuchungen von Glaskörperproben aus an equiner rezidivierender Uveitis (ERU) erkrankten Augen im Hinblick auf Leptospiren und deren Biofilmbildung“

Kerstin Ackermann (Dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität München, Zentrum für Klinische Tiermedizin der Tierärztlichen Fakultät)

Die Biofilmbildung konnte bereits für viele chronisch verlaufende bakterielle Infektionen nachgewiesen werden. Da Bakterien im Biofilm länger überleben können als in planktonischer Form, spielt dieses Phänomen eine bedeutende Rolle in der Medizin. Durch die Fähigkeit der Biofilmbakterien sich vor äußeren Einflüssen, wie z.B. antimikrobiellen Wirkstoffen oder dem Immunsystem zu schützen, erlangen Krankheiten ihren chronisch-progressiven Verlauf. Bei der Equinen Rezidivierenden Uveitis (ERU = bakterielle Augenentzündung) konnten bereits Parallelen im Krankheitsverlauf, der Diagnostik und im Therapieansatz zu denen Biofilm-assoziierter Infektionen aufgezeigt werden.

Ziel der Dissertation war es, die Biofilmbildung bei der bakteriellen Augenentzündung im Glaskörper von an ERU erkrankten Pferden nachzuweisen. Dafür wurden Glaskörperproben im Zuge der therapeutisch indizierten Vitrektomie (Glaskörperspülung) von an ERU erkrankten Pferden gewonnen. Diese wurden auf das Vorhandensein der ursächlichen Bakterien (Leptospiren) getestet. Die positiv auf Leptospiren getesteten Glaskörperproben, drei Negativkontrollen, sowie Positivkontrollen wurden auf Objektträger ausgestrichen, luftgetrocknet und mit Hitze fixiert um sie mit zwei histologischen Methoden (Silberimprägnierung und Immunhistochemie) zu vergleichen.

Die Bakterien aus den Glaskörperproben aus ERU erkrankten Augen konnten mit beiden histologischen Methoden unter dem Mikroskop nachgewiesen werden. Die Leptospiren konnten anhand ihrer charakteristischen Form eindeutig identifiziert werden. Ebenso konnten neue, annähernd runde Strukturen dargestellt werden, die aus den Bakterien selbst, sowie aus strukturlosem Material bestehen, welches von den Bakterien produziert wurde.

Fazit: Die Biofilmbildung von Bakterien ist an vielen chronisch-infektiös verlaufenden Krankheiten beteiligt. Der chronisch progressive Verlauf der ERU ist ein Hinweis darauf, dass die Bakterien durch die Bildung von Biofilm vor der Eliminierung durch das Immunsystem geschützt sind. Der Nachweis der Biofilm-Bildung im Glaskörper aus an ERU erkrankten Augen stellt einen neuen und ganz entscheidenden Beitrag zum Ursprung und der Entstehung der ERU dar. Zudem könnte die Biofilmbildung auf andere chronische Erkrankungen in der Tier- und Humanmedizin übertragen werden und dazu beitragen, die Behandlung dieser Krankheiten entscheidend zu verbessern.

„Der Einfluss sportlicher Nutzung auf die Kopf- und Maulgesundheit bei Reitpferden: Bestandsaufnahme und Auswertung pathologischer Befunde des Kopfes und der Gebisslage sowie Entwicklung eines Prototyps eines Bewertungsbogens für den Turniertierarzt“

Martin Swoboda (Dissertation, Tierärztliche Hochschule Hannover)

Ziel der vorliegenden Dissertation war zum einen die Schaffung einer objektiven und aussagekräftigen Datengrundlage hinsichtlich der Prävalenz, der Art und der Beschaffenheit reitsportinduzierter pathologischer Befunde am Kopf und in der Gebisslage bei Reitpferden, die Erfassung der Befundverteilung auf die anatomischen Strukturen und die Überprüfung möglicher individualspezifischer und nutzungsbedingter Einflussfaktoren auf die Ergebnisse.

Zum anderen sollte im Rahmen dieser Arbeit ein Prototyp eines für den Turniertierarzt geeigneten Bewertungsbogens entwickelt werden. Dieser sollte eine objektive, einheitliche und vollständige Erfassung und Bewertung der Befunde und damit auch eine Bewertung bzw. Kategorisierung der Pferde und in der Folge das Aussprechen einer Empfehlung an den verantwortlichen Richter bezüglich der zu erteilenden oder zu verweigernden Starterlaubnis ermöglichen.

Beschränkt sich die Betrachtung auf die tierschutzrelevanten Befunde, betrug die Prävalenz 35,8 %, die betroffenen Pferde wiesen durchschnittlich 1,8 Befunde auf. Bei Einbeziehung auch sekundär verheilter Befunde betrug die Prävalenz 47,1 %, die durchschnittliche Befundhäufigkeit betroffener Pferde 2,2. Bei beiden Betrachtungsweisen wurden maximal 6 Befunde je Einzeltier festgestellt.

Erosionen nahmen hierbei den größten Anteil ein (32,4 %), gefolgt von Ulzera (17,8 %), De-/Hyperpigmentierung (16,7 %), Narben (10,7 %) und Exostosen (10,3 %). Die meisten Befunde (32,3 %) wurden im Bereich der Maulwinkel, 29,6 % an den Wangeninnenseiten (zwischen den Maulwinkeln und dem Bereich der ersten Backenzähne) und 18,5% am Unterkiefer im Bereich der Laden unmittelbar rostral der ersten Backenzähne dokumentiert.

Anhand der Bonitur wurden 37,3 % der Befunde als Befunde ohne zu erwartende Relevanz, 25,8 % als geringgradige, 18,1 % als mittelgradige und 18,9 % als hochgradige Befunde eingeschätzt und die untersuchten Pferde zu 66,0 % der Kategorie „Grün“, 20,1 % der Kategorie „Gelb“ und 13,9 % der Kategorie „Rot“ zugeordnet.

Während Alter, Geschlecht, Nutzungsrichtung und Leistungsniveau teils eine hoch signifikante Ungleichverteilung der Ergebnisse verursachten und somit wesentliche Einflussfaktoren darstellen, konnte dieser Zusammenhang bei der Betrachtung der Anlage und des Status der Wolfs- und Hengstzähne nicht oder nur sehr eingeschränkt festgestellt werden.

Der im Rahmen dieser Dissertation entwickelte Befundbogen in abgewandelter Form und die Bonitur wurden zusammengefügt und wie oben beschrieben zu einem Prototyp eines Bewertungsbogens für den Turniertierarzt erweitert.

Dieser ermöglicht neben der detaillierten und systematischen Erfassung und Bewertung der Befunde und der Kategorisierung der Pferde auch eine standardisierte Empfehlung hinsichtlich der zu erteilenden (Kategorien „Grün“ und „Gelb“) oder zu verweigernden (Kategorie „Rot“) Starterlaubnis. Zur Nutzung des Bewertungsbogens im Rahmen der tierärztlichen Turnierkontrolle ist neben einer weiteren Testphase und Überprüfung bzw. Diskussion der einzelnen Parameter dessen Erweiterung auf alle anatomischen Strukturen notwendig, an denen potentiell reitsportinduzierte Befunde auftreten können. Zum anderen scheint eine Digitalisierung zur einfacheren Anwendung und systematischeren Auswertung der gewonnenen Daten sinnvoll. Hierfür wurde der Entwurf einer App entwickelt.


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